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"Okkupationssyndrom", oder "kranke" Demokratie im Baltikum

in -Letten-Forum- 11.09.2009 21:10
von LV | 6 Beiträge | 6 Punkte

MOSKAU, 29. Juli (Schachiresada Jeralijewa, RIA Novosti). Nationale Minderheiten, die in jedem land der Welt existieren und einen festen Bestandteil seines politischen, Kultur- und Wirtschaftslebens bilden, wachsen sich dennoch immer öfter zu einem Problem aus.

Das gilt nicht nur für ein beliebiges einzeln genommenes Land, sondern auch für die gesamte Weltgemeinschaft. Besonders akut ist dieses Problem in den drei ehemaligen baltischen Sowjetrepubliken Lettland, Litauen und Estland, in denen die Einstellung der Behörden zu Einwohnern, die nicht der Titelnation angehören, unverhohlen negativ ist.

Diesmal haben sich die Stiftung für historische Perspektive und die Abteilung Europa des Instituts für Demokratie und Zusammenarbeit mit dieser Frage eingehend beschäftigt. In ihrem Auftrag wurde eine komplexe Forschung durchgeführt, die die soziale Lage der ethnischen Minderheiten in Estland und Lettland betraf.

Studien des estnischen und des lettischen Menschenrechtszentrums wurden dem Buch "Probleme der Rechte der nationalen Minderheiten in Estland und Lettland" zugrunde gelegt.

Im Rahmen des Projektes wurden die juristischen, kulturellen, religiösen, wirtschaftlichen und sozialen Aspekte der Lage der nationalen Minderheiten analysiert und durch Statistiken ergänzt. Analysiert wurden außerdem die gültigen Legislativakte, besonders darauf hin, inwiefern sie den internationalen Rechtsnormen und -pflichten entsprechen, die Lettland und Estland übernommen haben.

Wie die Herausgeber erklären, unterscheide sich dieses Buch von den meisten anderen zu diesem Thema dadurch, dass es eine echte wissenschaftliche, von politischer Engagiertheit freie Studie darstelle. Das Buch setzte sich aus geprüften, dokumentierten Informationen und aus Quellennachweisen zusammen. Die Forschungsergebnisse haben noch mehr Verstöße gegen die Rechte der nationalen Minderheiten in beiden Ländern zutage gefordert als die Experten erwarteten.

Diesen Ergebnissen zufolge sind Lettland und Estland nicht jene liberalen Demokratien westlichen Typs, für die sie sich ausgeben. Davon sprechen viele Fakten: das Bestehen russischsprachiger "Nichtbürger", die in Lettland 15,4 Prozent und in Estland 7,7 Prozent der Bevölkerung ausmachen, der minimierte Einfluss der nationalen Minderheiten auf politische Fragen, die Verdrängung der russischen Sprache aus dem Unterricht und die überwiegende Zahl der russischsprachigen Beschäftigungslosen in diesen Ländern. Das sind bei weitem nicht alle Probleme, die in dem Buch geschildert und durch Zahlen untermauert sind.

Außerdem behandelten die Autoren ausführlich die Bildungsfrage. Einst vermittelten die russischen Schulen in Lettland und Estland die beste Bildung. Ihr Niveau wurde nach den Schulreformen der örtlichen Behörden stark beeinträchtigt. Gegenwärtig wird Russisch aus dem Unterricht gänzlich verdrängt.

Trotz einer aktiven Teilnahme von Vertretern der nationalen Minderheiten in Lettlands und Estlands Wirtschaftsleben wird die Situation auf dem Arbeitsmarkt ebenfalls durch die Behörden der jeweiligen Titelnation kontrolliert. Der Zugang zu den Organen der Staatsmacht und der Verwaltung ist für die russischsprachige Bevölkerung stark erschwert. Wie die Untersuchung gezeigt hat, machen die Russen lediglich 5,7 Prozent der Mitarbeiter in den Ministerien der Lettischen Republik aus. Von einer Teilnahme der russischsprachigen Bevölkerung an der Lösung politischer Fragen kann überhaupt keine Rede sein.

Anatoli Kutscherena, Mitglied der Russischen Bürgerkammer, meint, dass die lettischen und die estnischen Behörden diese Probleme einfach geflissentlich übersehen. "Die Behörden dieser Staaten schaffen selber Mechanismen zur Schmälerung der Rechte der nationalen Minderheiten", sagte Kutscherena bei der Präsentation des Buches.

Die Erforschung des Problems überzeugte die Autoren davon, dass der nationalen Diskriminierung in diesen drei ehemaligen Sowjetrepubliken das "Okkupationssyndrom" zugrunde liege.

Nach Meinung Michail Demurins, Berater der Stiftung "Historisches Gedächtnis", sei das ein Ergebnis auch der "Schwäche der russischen Behörden". Nunmehr müsse Russland "die Aufschüttungen auf diesem Wege räumen", betonte er.

Die Initiatoren des Projektes bereiten die Übersetzung des Nachschlagewerks ins Englische und Französische vor und versprechen, es dem Europarat vorzustellen. Dr. Natalija Narotschnizkaja, Präsidentin des Stiftung für historische Perspektive, ist sicher, dass das Erscheinen dieser Studie eine neue Phase im Kampf um die Menschenrechte bilden werde, und das nicht nur in Lettland und Estland, sondern auch im ganzen modernen Europa.

Die Meinung der Verfasserrin muss nicht mit der von RIA Novosti übereinstimmen.


http://de.rian.ru/analysis/20090729/122505095.html

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