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Sparen wie die Letten – was Griechenland erwartet

in -Letten-Forum- 06.04.2010 19:54
von lette118 | 45 Beiträge | 49 Punkte

Von Florian Hassel 4. April 2010, 16:19 Uhr

Sparen, straffen, streichen: Was Griechenland noch vor sich hat, ist in Lettland schon Wirklichkeit. Die Regierung zieht mithilfe der Europäischen Union und des Internationalen Währungsfonds IWF ein drastisches Programm zur Konsolidierung der Staatsfinanzen durch – bisher mit Erfolg.
Es gibt wenige Details, die Valdis Dombrovskis auslässt, wenn es darangeht, in der klammen Baltenrepublik Lettland den Staatshaushalt zu sanieren. Mitte März 2010 stoppte der Premierminister den Kauf neuer Schulbusse. Der Auftrag schien zu überhöhten Preisen abgekartet. So wie früher soll es in Lettland, das jahrelang über seine Verhältnisse lebte, selbst im Kleinen nicht weitergehen.

Diese Botschaft verkündet der 38 Jahre junge Premier, seit er Mitte März 2009 nach dem Sturz der Vorgängerregierung ins Amt kam. Zusammen mit Finanzminister Einars Repse hat Dombrovskis seitdem in dem 2,2 Millionen Einwohner kleinen Land das rigoroseste Sparprogramm Europas durchgesetzt.

Das Duo Dombrovskis-Einars legte Regierungsabteilungen zusammen und entließ Tausende Staatsdiener. Es kürzte die Gehälter von Polizisten, Lehrern und anderen Beamten um knapp ein Fünftel. Die Regierung schloss Krankenhäuser und Landschulen, die nur für wenige Schüler offen gehalten worden waren, sie kürzte Renten und Kindergeld. Einkommen-, Grundsteuer und andere Abgaben wurden erhöht. Zusammen entsprechen diese Maßnahmen des Sparpakets zehn Prozent der lettischen Wirtschaftsleistung.

Der Kurs ist umso bemerkenswerter, weil Lettland derzeit eine beispiellose, noch nicht beendete Rezession erlebt. Allein im vergangenen Jahr schrumpfte das Bruttoinlandsprodukt um fast 23 Prozent. Für 2010 sagt der Internationale Währungsfonds (IWF) ein nochmaliges Schrumpfen der Wirtschaft um vier Prozent voraus.

Dass Lettland nicht längst den Staatsbankrott ausrufen musste, verdankt es der Unterstützung aus Brüssel, Washington und den nordischen Ländern: Mit 7,5 Milliarden Euro sie das Land über Wasser, zunächst bis 2011. Eine Hilfe, die 40 Prozent der Jahreswirtschaftsleistung Lettlands entspricht. Aus Brüssel, dem größten Geldgeber, erhält Lettland 3,1 Milliarden Euro – und zwar anders als voraussichtlich Griechenland zu einem Niedrigzinssatz von nur drei Prozent.
Was die Kommission und der IWF im EU-Mitgliedsland Lettland – außerhalb der Eurozone – vormachen, könnte in Griechenland bald folgen: Sie arbeiten als Krisenmanager zusammen. Dies zwar nicht gerade im Gleichschritt. So zahlte die EU im Sommer 2009 eine Kreditrate aus, der IWF hielt seinen Anteil dagegen zurück, bis weitere Reformen verabschiedet waren.

Doch zumindest demonstrieren die beiden Organisationen vor den Kulissen Eintracht und sind voll des Lobes über ihren Musterschüler. „Ich begrüße das andauernde Engagement der lettischen Regierung, auf dem Pfad von Konsolidierung und Reform fortzufahren, der die Grundlage für eine tragfähige Erholung bildet“, sagte etwa EU-Währungskommissar Olli Rehn am 11. März und gab eine Auszahlung von 500 Millionen Euro an Riga frei.

Vier Tage später lobte auch der IWF anlässlich der Freigabe einer 200-Millionen-Euro-Spritze: „Sehr wenige Länder haben eine Anpassung geschafft, wie sie Lettland bereits umgesetzt hat.“

Dies ist umso erstaunlicher, als Premier Dombrovskis und Finanzminister Repse, die selbst der kleinen Partei Neue Ära angehören, nur zusammen mit vier anderen Parteien regieren können. Zudem wird im Oktober gewählt. Mitte März verließ der bisher größte Koalitionspartner, die Volkspartei, die Regierung. Statt ihrer will nun die Mitte-rechts-Partei „Lettland zuerst/Lettlands Weg“ Dombrovskis bis zu den Wahlen unterstützen.
Wer danach regiert, ist offen. Fest steht nur, dass weiter gespart werden muss: Repse zufolge müssen allein die Haushalte 2011 und 2012 noch einmal um 1,2 Milliarden Euro gekürzt werden. Das entspricht jährlich knapp vier Prozent der Wirtschaftsleistung. Nur so kann Lettland das Staatsdefizit wieder unter drei Prozent bringen und sich bis 2014 für die Aufnahme in die Euro-Zone qualifizieren.

Zwar könnte der Baltenstaat – anders als das Euroland Griechenland – auch seine Währung abwerten, um wieder konkurrenzfähig zu werden. Dazu raten sogar viele Wirtschaftsexperten, etwa Nobelpreisträger Paul Krugman. Auch der IWF soll Riga die Abwertung empfohlen haben. Doch die EU war dagegen. Vor allem die nordischen Länder Dänemark, Finnland, Norwegen und Schweden hatten entsprechenden Druck ausgeübt. Sie übernahmen von dem 7,5-Milliarden-Euro-Paket immerhin 1,9 Milliarden – unter der Bedingung, dass Lettland nicht abwertet.

http://www.welt.de/wirtschaft/article705...d-erwartet.html

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